Integrationskurse unabhängig von der Bleibeperspektive: Was tut die Politik dafür?


Wer sich in Deutschland nachhaltig integrieren möchte, muss kommunizieren können. Egal ob im Berufsleben oder im Alltag – das Beherrschen der deutschen Sprache ist essentiell, um dauerhaft ein Teil der Gesellschaft zu werden. Je früher mit dem Erlernen der neuen Sprache begonnen wird, desto fließender kann sich die Eingliederung in Bildungsmaßnahmen oder in den Arbeitsmarkt nach Abschluss des Asylverfahrens gestalten.

Grundvoraussetzung für das Erlernen der neuen Sprache ist die Teilnahme an einem Integrationskurs, der den Flüchtlingen außerdem die neue Kultur näher bringt. Viele Asylsuchende haben zudem während der Dauer ihres Asylantrages kaum Kontakt zur restlichen Gesellschaft. Die Teilnahme an Integrationskursen kann eine sinnvolle Beschäftigung bieten, die von der langen Wartezeit ablenkt und damit auch dem Aufkommen von Konflikten entgegenwirkt.

Doch nicht für alle Flüchtlinge ist die Teilnahme an Integrationskursen gewährleistet – der Zugang ist abhängig von der „Bleibeperspektive“.

 

Bleibeperspektive bestimmt Integrationsmöglichkeiten

Die Frage nach „guter“ oder „schlechter“ Bleibeperspektive entscheidet sich anhand der „Schutzquote“. Sie benennt den Anteil der Geflüchteten, der über einen bestimmten Zeitraum auf jegliche Art Schutz in Deutschland erhalten. Liegt dieser Wert für Menschen aus einem bestimmten Land über 50%, spricht man von einer „guten Bleibeperspektive“. Liegt er unter 50%, wird die Bleibeperspektive als „schlecht“ bewertet.

Aktuell erhalten über 50% der Menschen aus Syrien, Irak, Iran, Somalia und Eritrea Schutz in Deutschland. Menschen, für die die Schutzquote unter 50‘% liegt, können damit aufgrund ihrer „schlechten Bleibeperspektive“ nicht an Integrationskursen teilnehmen.

Für Asylsuchende mit „guter Bleibeperspektive“ gibt es immer mehr Möglichkeiten, sich schnell in die Gesellschaft zu integrieren – und das ist auch gut so. Doch für die vielen anderen, denen auf der Basis dieses statistischen Werts weniger gute Chancen auf Asyl zugeschrieben werden, fehlen Perspektiven. Das führt zu vielfältigen Problemen: Zum einen müssen besonders diejenigen, die aus Ländern mit einer „schlechten Bleibeperspektive“ zu uns kommen, häufig sehr lange auf eine Bearbeitung ihres Asylantrags warten. Diese Menschen leben während der Wartezeit nicht nur in ständiger Unruhe, sondern haben auch kaum Möglichkeiten, ihre Zeit sinnvoll zu nutzen oder Kontakt nach außen aufzubauen.

Innerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte führt die Unterteilung in Flüchtlinge mit guter und schlechter Bleibeperspektive regelmäßig zu Konflikten und Unverständnis unter den Bewohnern, die nicht verstehen können, weshalb nicht allen die gleichen Chancen ermöglicht werden. Vor allen Dingen aber bedeutet eine „schlechte Bleibeperspektive“ keinesfalls, dass die Betroffenen sich nur kurze Zeit in Deutschland aufhalten werden: Vielen wird zwar kein Asyl gewährt, dennoch werden sie aufgrund der Umstände im Herkunftsland häufig nicht abgeschoben, sondern dürfen befristet in Deutschland bleiben. Bis darüber entschieden wird, vergeht oft viel Zeit, in der kein Anspruch auf eine Sprachförderung besteht.
Zeit, die stattdessen genutzt werden könnte, um eine gute Grundlange für eine gelingende Integration in Deutschland zu schaffen.

Die Fakten auf einen Blick

  • Das Erlernen der deutschen Sprache ist essentielle Grundlage für eine gelingende Integration in Deutschland.
  • Integrationskurse und Sprachförderungen bieten erste Möglichkeiten, sich in der neuen Kultur zurecht zu finden und anzukommen.

  • Flüchtlinge werden statistisch, je nach „Schutzquote“ für das entsprechende Herkunftsland, in Menschen mit „guter“ oder „schlechter Bleibeperspektive“ unterteilt – nur Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive erhalten Zugang zu Integrationskursen.
  • Menschen mit schlechter Bleibeperspektive erhalten nach monatelangen Verfahren häufig eine zeitlich befristete Aufenthaltsgestattung und konnten während der Bearbeitung ihres Antrags noch keine oder nur wenige Deutschkenntnisse erwerben.
  • Zeit, die sinnvoll in die Integration der Menschen investiert werden könnte, wird verschenkt.

Wir fordern die Politik auf, zu handeln!

  • Sprachförderung muss für alle geflüchteten Menschen zugänglich sein – unabhängig von der Bleibeperspektive!

  • Erstorientierungskurse, die für alle offen sind, müssen von den Bundesländern flächendeckend angeboten werden!

Möglichkeiten zur Integration sind für Flüchtlinge unabhängig von der Bleibeperspektive essentiell. So können alle profitieren: Diejenigen, die zu uns kommen und die Menschen, die bereits in Deutschland leben.

Weitere Informationen zur Thematik und alle bisher eingegangenen Reaktionen gibt es hier:
https://ib-schaut-hin.de/fragen-an-die-politik/fluechtlinge-brauchen-sprachkurse/


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