Im Juni 2019 hat der Bundestag das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) und das Duldungsgesetz auf den Weg gebracht. Ziel der Gesetze ist es, dem bundesweiten Fachkräftemangel durch eine Reform der bisherigen Aufenthaltsgesetze für Fachkräfte entgegenzuwirken. Damit soll die Zahl der Menschen gesteigert werden, die aus Ländern außerhalb der EU kommen und nach Deutschland ziehen, um hier zu arbeiten oder einen Beruf zu erlernen. Der Internationale Bund (IB) hat die Gesetze vor dem Hintergrund seiner langjährigen Erfahrung in der Integrationsarbeit geprüft und dabei einige Problemstellen identifiziert.
Ein Kriterium im FEG für die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis ist der Nachweis über eine Ausbildung, die in Deutschland anerkannt wird. Berufliche Praxis oder nicht anerkannte Ausbildungen werden für die Gewährung einer Aufenthaltserlaubnis nicht berücksichtigt. Damit wird ein großer Teil der Menschen, die als Fachkräfte dringend in der deutschen Wirtschaft benötigt werden, von vornherein ausgeschlossen.
Wer es schafft, seine Ausbildungsanerkennung zu bekommen, kann auf eine Aufenthaltserlaubnis für vier Jahre hoffen, wenn die zuständige Behörde keine Einwände erhebt. Im Gesetz ist leider nicht definiert, dass bei Erfüllung aller Bedingungen einer Aufenthaltserlaubnis tatsächlich auch eine Genehmigung erteilt werden muss. Es gibt also keinen Rechtsanspruch. Sowohl den Arbeitgebern als auch den interessierten Fachkräften wird damit keine Rechtssicherheit geboten.
Auch die Begrenzung der Aufenthaltserlaubnis auf vier Jahre trägt weiter zur Verunsicherung beider Parteien bei.
Hinzu kommt, dass das FEG kein transparentes Gesamtbild bietet, sondern durch länderspezifische Regelungen und Verweise auf andere Paragraphen schwer zu durchschauen ist. Gerade für Menschen ohne muttersprachliche Kenntnisse wird es so fraglich, ob das Gesetz eine Einladung zur Einwanderung darstellen wird.
Eine Chance, die das Duldungsgesetz bieten könnte, wird nahezu ausgeschlossen: Die naheliegende Idee, die hohe Zahl der Geflüchteten der letzten Jahre mit dem Problem des Fachkräftemangels zu einer beiderseitigen Verbesserung der Lage zu verknüpfen, wird kaum in Betracht gezogen. Im Gegenteil, es wird erschwert, aus einem laufenden Asylverfahren eine Beschäftigungs- oder Ausbildungsduldung zu bekommen. Dieser „Spurwechsel“ ist nur für Geflüchtete möglich, deren Asylantrag abgelehnt und denen stattdessen eine Duldung erteilt wurde. Zusätzlich müssen sie noch seit 18 Monaten in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis stehen und seit 12 Monaten selbstständig für ihren Lebensunterhalt sorgen. Somit ist die Anzahl der Geflüchteten, die vom Duldungsgesetz profitieren können, sehr gering.
Insgesamt bemängelt der IB, dass Arbeitgebenden, interessierten Fachkräften und Geflüchteten zu viele Hürden in den Weg gestellt werden. Wenn es das Ziel von FEG und Duldungsgesetz sein soll, den Fachkräftemangel zu bekämpfen, sollte aus Sicht des IB an den genannten Stellen nachgebessert werden. Nur so kann eine attraktive Grundlage für Fachkräfte aus dem Ausland geschaffen werden. Außerdem sollte der Betroffenenkreis auf die bereits eingereisten Geflüchteten ausgeweitet werden, um dem Fachkräftemangel schnell entgegenzutreten.
Um der deutschen Wirtschaft zu helfen, ist es dringend notwendig den Fachkräftemangel nachhaltig anzugehen. Wenn die Bundesregierung Gesetze schaffen will, die für mehr Einwanderung von Fachkräften sorgen sollen, dann müssen diese für interessierte Menschen verständlich sein und eine rechtssichere Grundlage bilden. Außerdem sollte überdacht werden, ob große Gruppen von potentiellen Fachkräften wegen nicht anerkannter Ausbildungen oder Flucht als primärem Einreisegrund ausgeschlossen bleiben sollen. Wer Einwanderung will, muss Anreize und sichere Lebens- und Arbeitsbedingungen im Land schaffen, damit sowohl die Wirtschaft als auch der einzelne Einwandernde profitiert.